Seiteninhalt

St. Michael Kirche, Stationen, Amthaus (Domäne)

 

  

Bilderlahe im XIII. Jahrhundert

Bilderlahe (1110 Bidela, 1238 Billerla, 1297 Bilderlahe, 1590 Bilberla, 1686 Bilderla, 1763 Binderlage) war bis zu seiner Zerstörung in der Stiftsfehde ein Dorf, welches zu den Besitzungen des Stifts Gandersheim gehörte. Mit Bidela belehnte die Äbtissin um 1100 die Grafen von Seeburg und nach deren Erlöschen die Grafen von Wohldenberg, welche nach Veräußerung des Wohldenberges und, da ihnen die Burg Werder nicht genügte, auf der Höhe bei Bilderlahe 1295 den Wohldenstein erbauten, dessen Wirtschaftsgebäude, und bald auch das Amtshaus, in Bilderlahe lagen.

Das Adelsgeschlecht, welches sich vorübergehend noch Bilderlahe nannte und von welchem 1297 Gerhard von Bilderlahe als Wohltäter des Klosters Lamspringe bekannt ist, zu dessen Gunsten 1314 Ekbert von Bilderla der Äbtissin von Gandersheim eine halbe Hufe in Hachum aufließ, scheint zu den Böcken von Northo1z gehrt zu haben, wenigstens führt der beim Jahre 1283 genannte Hermann von Billerla die Bezeichnung "genannt Bock". Die Kirche war im XIII. Jahrhundert vorhanden. Der sacerdos von Bilderla gehörte 1295 zu den Grafen von Wohldenberg benifizierten Pfarrern. 1317 war Bertoldus plebaunus de Bilderla. Das Patronat der zum bannus Sehusen gehörigen Kirche war nach dem aus dem Ende des XV. Jahrhunderts stammenden Archidiakonatsregister bei den von Spaden, welche 1490 vom Stifte Gandersheim mit dem zwischen Bilderlahe und Bornhausen gelegenen Hungerkampe belehnt waren. Dieser ging nach Kurt von Spadens Tode 1552 auf die Grafen von Regenstein über, welche außerdem eine halbe Hufe und die Mühle in Bilderlahe in Lehnsbesitz hatten.

Seit Beginn des XIV. Jahrhunderts ist die Geschichte Bilderlahes mit der des Wohldensteins (s.d.) eng verknüpft. Als in der Stiftsfehde 1519 der Herzog Erich den Wohldenstein zerstörte, wurde das Bilderlahe in Asche gelegt und nun nicht wieder erbaut. Als 1521 das Amt an Braunschweig fiel, war nach Letznars Verzeichnis aller Partinenz und Zubehörung des Stifts und Thumbkirchen zu Hildesheim "Bilberla ein wüst Dorfstede und Veltmark". Heinrich der Jüngere errichtete dort ein großes Vorwerk und Amtshaus, nach welchem das Amt Wohldenstein fortan Amt Bilderlah hieß. Luloff von Oldershausen wurde zum Amtmann eingesetzt. Die Kommission des schmalkaldischen Bundes fand 1542 als Amtmann Tile Witte vor, der zugleich Pfarrinhaber von Naensen war. Man überließ den Söhnen des vertriebenen Herzogs Heinrich die Ämter Bilderlah und Seesen zum Unterhalt, doch wurde ersteres 1545 Konrad von Schwiecheldt zugewiesen als Pfand für die 9 000 fl., die er dem Herzog geliehen hatte. Als Heinrich 1547 zurückkehrte, beauftragte er seinen Eidam Christian von Jannewitz, dem von Schwiechelt das Amt wieder zu entreißen. Es war bereits über 100 Jahre in braunschweigsche Besitz gewesen, als die Abtissin von Gandersheim ihre Lehnshoheit darüber geltend machte. Während Herzog Friedrich Ulrich noch darüber verhandelte, besetzte der Kurfürst Ferdinand von Cöln als Bischof von Hildesheim auf Grund des Restitutionsediktes am 4. Januar 1630 das Amt Bilderlah und ließ sich huldigen. Der Herzog eroberte es nach Tillys Abzuge 1632 sofort wieder, mußte es aber nach dem Restitutionsrezess vom 9. April 1643 als Zubehör des großen Stifts an den Bischof von Hildesheim zurückgeben.

Bild vergrößern: St. Michael Rückansicht
St. Michael Rückansicht

Der Bau von St. Michael

Die Domäne Binderlage war im XVIII. Jahrhundert Jehrzehntelang im Pachtbesitz der Familie von Weichs. Beider Reorganisation der Ämter am 1. Mai 1815.wurde die peinliche Gerichtsbarkeit des Amtes an das Kriminalamt Winzenburg gelegt, darauf beide am 1.Oktober 1828 vereinigt mit dem Sitz Lamspringe, aber 1858 das frühere Amt Bilderlah dem Amte Bockenem überwiesen. Die jetzige katholische Kirche zu Bilderlah ist 1717 zu Ehren des Erzengels Michael erbaut. Das nach dem 30 jährigen Kriege allmählich wieder aufgebaute Dorf zählte 1823 bereits 26 Feuerstellen mit 205 Einwohnern.

Bild vergrößern: Kirchenwappen St.Micha
Kirchenwappen St.Micha
Die dem großen Domänenhof benachbarte katholische Kirche ist auf einem rechteckigen Grundriß mit 3/8 Chorschluß in Bruchsteinen erbaut (1717) und glatt geputzt. Statt des Turmes hat sie auf dem äußersten westlichen Ende des beziegelten Satteldaches einen Dachreiter mit beschieferter Spitze und Wetterfahne. In demselben befindet sich die Läuteglocke und die Uhr. Auf jeder Langseite sind zwei rundbogige Fenster, im Chor zwei solche angelegt. An dem nur mit kleinen Fenstern versehenen Westgiebel ist über der rechteckigen Eingangstür ein Wappenstein mit den fürstbischöflichen Wappen eingemauert. Über dem Wappen befindet sich die Jahrzahl 1717, darunter die Buchstaben: I.C.AE.C.E.H. + L.D.B. (im ersten Teil zu lesen: "Johannes Clemens Archiepis copus Colonien siz Episcopus Hildesiensiz").

 

 

Die Barockkirche

Bild vergrößern: St.Micha_innen
St.Micha_innen

 

Das Schiff der Kirche ist mit drei auf korbbogigen Gurtbogen ruhenden Kreuzgewölben, der Chorschluß mit drei Kappen überdeckt. Der Wölbung entsprechend sind die Wände durch je vier gekröpfte Standpfeiler mit kräftigen Kapitälen gegliedert.

Bild vergrößern: St.Micha_Altar
St.Micha_Altar

Der Altar besitzt eine mit gewundenen Säulen, unterbrochener Flachbogenkrönung, Kartusche und Engelsfiguren ausgestattete Rückwand, die als Mittelstück ein Ölgemälde mit der Darstellung der Muttergottes und dem schlafenden Christkind enthält, mit der Überschrift: "Ego dormio et cor meum vigilat." Daneben sind vier holzgeschnitzte Freifiguren, St. Augustinus, St. Monica, St. Michael als Drachentöter und St. Rafael mit einem Kinde, aufgestellt.

Die drei Beichtstühle sind ebenfalls mit Figuren, darunter der heilige Antonius, Christus und zwei Engel, ausgestattet.

An den vier mittleren Wandpfeilern stehen auf geschnitzten Holzkonsolen, die mit einem von Schwänen gehaltenen Wappen geziert sind, vier Freifiguren Johannies der Täufer, Nepomuk, Antonius und Benno. Unter letzterem auf einem Schriftbande: "5. Benno Ep: Misu: hujus loci dus, Hoerd." Unter jeder Figur ist ein von einem zierlich geschnitzten Wandschilde ausgehender Leuchterarm und über jeder Figur ein schwebender Engel angebracht. Über der Kanzel, auf besonderem geschnitzten Sockel mit der Jahreszahl, 1724 eine Pieta aus Holz.

 

Bild vergrößern: St.MichaFigur1
St.MichaFigur1
       
Bild vergrößern: St.MichaFigur3
St.MichaFigur3
      
Bild vergrößern: St.MichaFigur3
St.MichaFigur3

Bild vergrößern: St.MichaFigur4
St.MichaFigur4
Bild vergrößern: St.MichaFigur5
St.MichaFigur5
Bild vergrößern: St.MichaFigur6
St.MichaFigur6

Ensemble von Schnitzfiguren aus der Werkstatt des Künstlers Jobst Heinrich Lessen d. J. aus Goslar.

  

Das Gestühl hat seltsam ausgeschnittene Bankstirnen, deren Form ursprünglich wohl durch farbige Bemalung motiviert war.

Unmittelbar vor den Chorstufen lag im Fußboden in der Kirche ein Grabstein, der auf einer mit einem Wappen gezierten Bronzeplatte die Inschrift enthält: "Requiescant in s.pace Franciso L. B. de er in Weichs S. Rmi Elect. Colon. Supre Venationum Magister. Satrapa in Bilderlah nec non Capitan. Provincial. Hildes. Mort. Ao. 1743, D. 12. Dec. cum Carelina Conjuge sua nata de Karessenbruch. ex Barentrop Mort. ao. 1746 Die 22. Febr."

Im Verlauf der Renovierungen von 1978, als der alte Sandstein gegen neuen Marmorfußboden ausgetauscht, und 1989 als eine Unterflurheizung in die Kirche eingebaut wurde, entdeckte man an vorgenannter Stelle eine gut erhaltene bislang unbekannte Gruft. Der Grabstein wurde in einer Wandniesche eingelassen.

Die auf glatter Säule ruhende Kanzel ist nebst dem Schaldeckel mit Barockschnitzereien und kleinen kunstlosen Figuren, Evangelisten, Taube und Himmelskönigin, geziert.

Die gut erhaltene Schaper-Orgel ertönt seit 1887 mit ihrem Klang, sie ist die einzige Schaper-Orgel, die noch in einem überwiegenden Originalzustand erklingt. Mehr Informationen zu diesem erhaltenswerten Kultur- und Kunstgegenstand erfahren Sie bei dem Verein zur Erhaltung der Orgel in der Kirche St. Michael in Bilderlahe e. V.

Da die Kriegswirren des 19. und 20. Jahrhunderts den Ort Bilderlahe verschonten, können die alten Kirchenbücher, einzigartige Dokumente, über mehrere Jahrhunderte lückenlos nachgewiesen werden. Heute liegen diese im Bistumsarchiv in Hildesheim.

Im Frühjahr 2002 wurde von der Kirchlichen Denkmalspflege des Bistums Hildesheim eine Inventarisierung durch die Kunsthistorikerin Dr. Maria Kapp der Kirche in Auftrag gegeben. Dabei wurde das Gebäude genauso wie sämtliche liturgischen Geräte, Paramente und Dokumente genauestens begutachtet und in dem neuen Inventar ausführlich beschrieben. Bei dieser Arbeit stellte sich erstmals heraus, dass die barocken Figuren und das Tischlein für die Taufgeräte einem der bekanntesten Bildschnitzern des 17. Jahrhunderts, Jobst Heinrich Lessen d. J. aus Goslar oder zumindest seiner Werkstatt zugeschrieben werden können.

Das besondere ist die Vollkommenheit dieses einzigartig gut erhaltenen Ensembles von Schnitzfiguren des Künstlers an einem Ort. Das Inventar ist nach dem von 1827 das sechste seiner Art über diese Kirche, es wurde zum Patronatsfest am 29. September 2002 an Pfarrer Baumgard überreicht. 
 

 

Die Stationen

Zur Kirche gehören vier Stationsmale, welche, von der Kirche gerechnet, nach den vier Himmelsrichtungen gesetzt sind. Die nördlichste Station ist die bedeutenste und besteht aus einem bis zur Spitze des Kreuzes 8,20 m hohen Obelisken von quadratischem Grundriß, mit einer Stufe, zwei Sockeln und verjüngtem Schaft, der über jonischem Kapital ein hohes Gesimsstück mit Kugel und eisernem Doppelkreuz trägt. Alle Teile sind mit geschickt verteilter Meißelarbeit geschmückt, am meisten mit figürlichen Darstellungen geistlichen Inhalts, die acht Flächen der zwei Sockelteile. Die Ostseite des oberen Sockels zeigt in der flachbogigen Bekrönung ein Doppelwappen mit der Unterschrift: E.F.E.V.W. und C.V.K. Auf derselben Seite befindet sich unter dem Kapitäl des Obelisken die Jahrzahl 1838 und auf der Sockelfläche unterhalb des erwähnten Wappens die Inschrift:

Bild vergrößern: St.MichaDenkmal
St.MichaDenkmal
Rufe hier Gott fleißig an
    Für uns lieber Wandermann
    Daß für Unglück seine Güte
    Dieses Amt allzeit behüte.
Die Station steht inmitten vier alter Linden an der Einfahrt zum Domänenhof.

Die nächstgrößere Station, westlich von der Kirche am Aufgang zur Ruine Wohlenstein, ist nicht ganz 8 m hoch und der nördlichen Station sehr gleichartig, aber einfacher behandelt. Die südliche und die östliche Station sind von halber Größe der vorgenannten, sonst aber auch in ähnlicher Art auf einem Sockel mit Bildschmuck und Inschriften hergestellt und mit jonischem bzw. korinthischem Kapitäl, Kugel und Kreuz gekrönt.

Nach der Zeitangabe und den Wappenbuchstaben sind diese vier Stationen wahrscheinlich 1737 von den beiden Personen errichtet, auf die sich die mitgeteilte Grabsteininschrift bezieht.

Das alte Amthaus Die Domäne

Bild vergrößern: St.MichaDomäne
St.MichaDomäne
Das alte Amtshaus auf dem Domänenhofe ist ein hochgiebeliges Fachwerkgebäude auf zweigeschossigem, massivem Unterbau, das an der Südostecke des Fachwerkgeschosses einen beschieferten auf einfachen geschweiften hölzernen Streben vorgezogenen, und von fünf Seiten eines Achtecks gebildeten Erker mit haubenförmigem Dache besitzt. Dicht daneben an der Südseite ist ein vom Grunde aufgeführter massiver Erker von rechteckiger Grundform angebaut, der mit einem beschieferten halben Zeltdach überdeckt ist und auf den von profilierten Steinpfosten getragenen Fensterstützen sowie auf den Schmalseiten die Angaben trägt: "Anno Christi 1637. Andreas Schmit, Maurermeister Bartholemaeus Heims Ambtmann hierselbst."

Auf den Bogensteinen der daneben befindlichen, rundbogigen, jetzt durch einen dürftigen Fachwerkvorbau verdeckten Eingangstür liest man: "l6 M.H.C.z.C.: B.Z.H. 72" (Maximilian Heinrich Churfürst zu Cöln, Bischof zu Hildesheim 1672). Nach Norden ist an dieses Gebäude ein gleichbreiter, langer Flügel in massiver Bauart angeschlossen, in welchem sich Stallungen befinden. Südlich fügt sich an das Herrenhaus in der Flucht des Westgiebels ein schmaler Torbau, der auf dem Schlußstein des rundbogigen Torwegs mit einem grimmigen Löwenkopfe geziert ist.

 

 

Bild vergrößern: St.MichaDomäneLöwe
St.MichaDomäneLöwe

Außer einem Wappenstein am Nordgiebel des Schafstalles mit dem bischöflichen Wappen und der Jahrzahl 1780, die auch auf der Wetterfahne des Dachwalmes steht, und einer Wetterfahne auf dem Ackerpferdestalle mit Wappen und Jahrzahl 1760 findet sich im Äußeren und im Innern der Domänengebäude nichts Bemerkenswertes.

Bild vergrößern: St.MichaDomWapen
St.MichaDomWapen
Heute steht auch besagter Schafstall nicht mehr. Nach dem Familie von Weichs (die bereits im 18. Jahrhundert ansässig waren) nicht mehr die Pächter der Domäne waren, ging diese an die Familie Bohnhorst Sonnenberg und zuletzt an das Land Niedersachsen. Anfang der 70´er Jahre übernahm Herr Paul Grunke die Domäne, sanierte sie aufwendig und baute sie mit einer Bäckerei und Schlachterei als Stützpunkt für die Autobahnraststätte Seesen aus. Es wurden Stallungen als Festsaal ausgebaut, sogar eine Scheune zu einer Turnhalle für den Badmintonsport ausgebaut. Nachdem Herr Grunke aus Altersgründen die Domäne nicht mehr bewirtschaftete ging diese an einen neuen Besitzer über.

Bild vergrößern: St.MichaDomTor
St.MichaDomTor
 

Aus den Unterlagen von der kath. Pfarrgemeinde Bilderlahe und von Herrn Paul Grunke