Gründertagung in Seesen: »Der Keim entsteht in der NewKammer«
„Was lange währt, wird endlich gut“ – unter diesem Motto hätte die Gründertagung im Jacobson-Haus stehen können. Die Stadt Seesen hatte in enger Zusammenarbeit mit dem Entrepreneurship Hub der TU Braunschweig und Ostfalia Hochschule sämtliche Personen aus dem Gründernetzwerk des Seesener Coworking Space‘ zur Tagung mit dem Titel „Gründungsperspektiven im ländlichen Raum“ eingeladen. Das Netzwerk ist inzwischen zu einer stattlichen Größe gewachsen: Insgesamt 58 Teilnehmer aus den Bereichen Start Up, Politik und Wirtschaft sind der Einladung am Montagnachmittag gefolgt, darunter Professor Reza Asghari vom Entrepreneurship Hub, Eckhard Sudmeyer, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer für den Bereich Braunschweig, Lüneburg und Stade, Thomas Kausch von der Allianz für die Region und natürlich viele zukünftige Gründerinnen und Gründer.
„Wir sind zu Beginn unseres Entrepreneurship-Programms vor vier Jahren hier bei uns in Seesen auf viele Skeptiker gestoßen. Es war wirklich schwierig, hier eine Gründerszene zu etablieren. Aber Dank eines langen Atems, viel Motivation und des politischen Rückhalts über alle Parteigrenzen hinweg haben wir jetzt eine sehr positive Entwicklung“, begrüßte Bürgermeister Erik Homann die Gäste. Insgesamt 18 Gründungsprojekte werden in der NewKammer, dem kommunalen Coworking Space, aktuell betreut. Sechs Vorhaben wurden allein dieses Jahr gegründet und sind bereits am Markt – am Montagnachmittag wurden einige „Erfolgsgeschichten made in Seesen“ vorgestellt. So gründeten sich mit Hilfe der professionellen Betreuung durch Projektmanager Jan Niklas Kott und dem Team des Entrepreneurship Hubs unter anderem die Unternehmen „Just Media“ und „JK Online Marketing“. Da beide Unternehmen in einem ähnlichen, aber nicht identischen Feld tätig sind, wurde kurzerhand eine Kooperation geschlossen, berichten die Gründer Justin Köppe, Maren Woltmann (Just Media) und Julia Kasten (JK Online Marketing). Auch hier diente der Seesener Coworking Space als „Keimzelle“: „Die NewKammer ist unsere Base. Hier tauschen wir uns aus, können in Ruhe arbeiten und führen auch Kundengespräche durch. Wir sind immer wieder gern hier, auch weil’s modern eingerichtet ist. In einem der Workshops haben wir schließlich Julia kennengelernt“, so Maren Woltmann. Das Konzept ist aufgegangen: „Aktuell können wir uns vor den ganzen Anfragen kaum retten.“
Alle Gründer eint dabei eine besondere Mentalität, ist sich Prof. Dr. Reza Asghari sicher: „Gründung ist Kopfsache. Die Herausforderung besteht darin, mit wenig Geld viel zu erreichen. Wir brauchen dabei keine Nörgel-Philosophie. Im Grunde stehen uns hier in Deutschland schon alle Türen offen, wir müssen uns nur anstrengen und die Chancen nutzen.“ Dabei sei keinesfalls immer „die große Idee“ notwendig, erklärt Thomas Kausch von der Allianz für die Region. Häufig gehe es auch einfach darum, alte Strukturen zu nutzen und so beispielsweise einen bestehenden Betrieb zu übernehmen und die Nachfolge zu sichern.
Eckhard Sudmeyer referierte über Gründungen im handwerklichen Bereich („Craftsmen Entrepreneur“) und verdeutlichte die unterschiedlichen Herausforderungen, vor denen Start Up Unternehmer aus den verschiedenen Branchen stehen. So würden im Handwerk insbesondere das Image-Problem, der demografische Wandel und die zeitliche Belastung eine Hürde für potentielle Gründer darstellen. „Wir stellen in Gesprächen oft fest, dass insbesondere die Bürokratie viele vor große Herausforderungen stellt“, berichtet Sudmeyer. Die Handwerkskammer hat daher einen Gründungsmanager auf ihrer Homepage eingerichtet, der zukünftige Selbstständige durch sämtliche Formulare und Anträge lotst.
Auch in Seesen werden alle Gründungsinteressierten unterstützt – von der Idee über die Generierung von Fördermitteln bis hin zur passenden Marketingstrategie: Die NewKammer hat sich zu einem wahren „Kristallisationspunkt“ entwickelt, so Asghari. „Der Keim für sämtliche Gründungsvorhaben in Seesen entsteht in der NewKammer.“ Der lange Atem von Verwaltung, Politik und allen Mitwirkenden hat sich also gelohnt.